Die Einkommensteuerveranlagung kann grundsätzlich immer nur innerhalb der Steuerfestsetzungsfrist durchgeführt werden. Dies bedeutet auch: Sofern ein Steuerpflichtiger seine Steuererklärung (insbesondere mit einem Erstattungsanspruch) erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist einreicht, hat er keine Chance mehr, die Steuererstattung tatsächlich zu bekommen. Es ist wie beim Roulette: Wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, geht nichts mehr.
Für Antragsveranlagungen, also für alle, die keiner Verpflichtung unterliegen, eine Steuererklärung abzugeben, sondern dies freiwillig tun möchten, beträgt die Festsetzungsfrist regelmäßig vier Jahre. Dies ergibt sich aus § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO). Die Festsetzungsfrist beginnt dabei regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Da beispielsweise die Einkommensteuer für 2012 mit Ablauf des Jahres 2012 entsteht, beginnt auch mit Ablauf des Kalenderjahres die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2012. Nach der Addition von vier Jahren Festsetzungsfrist kann festgehalten werden, dass der grundsätzliche Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2012 am 31. Dezember 2016 gegeben ist. Bis dahin kann eine Steuererklärung abgegeben werden, damit der Steuerpflichtige in den Genuss seiner Steuererstattung kommen kann.
Was aber ist, wenn der entsprechende 31. Dezember auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt? Insoweit könnte nämlich die Regelung des § 108 Abs. 3 AO greifen, wonach eine Frist erst mit dem Ablauf des nächst folgenden Werktages endet, sofern das reguläre Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Da die Regelung des § 108 Abs. 3 AO ausdrücklich von einer Frist spricht, sollte man annehmen, dass auch die Festsetzungsfrist (immerhin und eigentlich ja ziemlich klar eine Frist) unter diese Regelung fällt. Man mag es glauben oder nicht, trotz dieser scheinbar einwandfreien und ganz glasklaren Gesetzesregelung war die Finanzverwaltung wohl der Meinung, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht unter die Regelung des § 108 Abs. 3 AO fällt. Warum diese Meinung vertreten wurde? Dies ist in der Tat schwer nachzuvollziehen. Tatsächlich kam jedoch auch das erstinstanzliche Thüringer Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2014 unter dem Aktenzeichen 4 K 402/12 zu dem Ergebnis, dass auf den Ablauf der Festsetzungsfrist die Regelung des § 108 Abs. 3 AO nicht anwendbar ist. Das erstinstanzliche Gericht führte zwar zur Begründung an: Ein bereits erloschener Steueranspruch kann nicht wieder aufleben. Aus diesem Grund soll die Festsetzungsfrist nicht auf den nächsten Werktag hinausgeschoben werden, wenn der Silvestertag auf einen Samstag oder Sonntag fällt.
Diesen erstinstanzlichen Gedankenfehler räumte jedoch aktuell der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.01.2016 unter dem Aktenzeichen VI R 14/15 aus. Klar und deutlich erklärten die Entscheider beim Bundesfinanzhof, dass das Erlöschen eines Steuerschuldverhältnisses nicht der Anwendung des § 108 Abs. 3 AO entgegensteht. Tatsächlich ist es zwar so, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis mit Ablauf der Festsetzungsfrist erlöschen und ein durch Fristablauf erloschener Anspruch nicht wieder aufleben kann. In Wirklichkeit ist hier jedoch kein Anspruch erloschen, weil die Rechtsfolge des § 108 Abs. 3 AO die Verlängerung der Festsetzungsfrist bedeutet. Zum Erlöschen durch Fristablauf kommt es also erst gar nicht. Insoweit gilt: Fällt das Ende der Festsetzungsfrist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag (was in diesem Fall kaum möglich ist) oder einen Sonnabend, endet die Festsetzungsfrist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages, was immer der 2. Januar des Folgejahres sein dürfte. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung geht somit in die Nachspielzeit, sodass Bummler beim Abgeben der Steuererklärung im entsprechenden Fall ein wenig mehr Zeit haben.
Der 31. Dezember 2016 ist übrigens ein Samstag.